Der direkte Vergleich zwischen einem gehebelten Kauf des SPY-ETFs und dem Einsatz von Bull Put Spreads zeigt zwei grundsätzlich verschiedene Wege, um eine bullische Marktmeinung auszudrücken. Beide Strategien nutzen Kapitalhebel, unterscheiden sich jedoch deutlich in ihren Risikoprofilen, Ergebniserwartungen und der Art, wie sie mit extremen Marktbewegungen umgehen. Besonders interessant wird der Vergleich, wenn institutionelle Rahmenbedingungen angenommen werden, bei denen ein Portfolio von über 100 Millionen USD unter Portfolio Margin geführt wird und Finanzierungskosten auf institutionellem Niveau anfallen.
Ausgangssituation und Methodik der Analyse
Als Grundlage dient ein SPY-Kurs von etwa 500 USD sowie ein Finanzierungszinssatz zwischen 5,5 und 6 Prozent jährlich für Kreditvolumen von mehr als 100 Millionen USD bei IBKR. Die Analyse vergleicht zwei Szenarien: den Kauf des SPY mit hohem Fremdkapitalanteil und den Verkauf margin-effizienter Bull Put Spreads. In beiden Fällen werden 100 Millionen USD Gesamtkapital eingesetzt, davon 20 Millionen USD Eigenkapital und 80 Millionen USD Fremdkapital. Die Laufzeit der betrachteten Optionen beträgt rund dreißig Tage, ein Zeitraum, der in Stillhalterstrategien als besonders effizient gilt.
Der Vergleich untersucht Gewinne, Verluste, Marginanforderungen, Tail-Risiken und die Dynamik in Stresssituationen. Ziel ist es, die fundamentalen Unterschiede der beiden Modelle ohne Vereinfachungen transparent zu machen. Während gehebelter ETF-Kauf ein lineares Chance-Risiko-Profil erzeugt, entsteht beim Bull Put Spread ein asymmetrisches Profil mit hoher Wahrscheinlichkeit kleiner Gewinne und geringer Wahrscheinlichkeit großer Verluste.
Fallstudie 1: Gehebelter Kauf von SPY über Portfolio Margin
In der ersten Variante werden für das gesamte Kapital von 100 Millionen USD SPY-Anteile gekauft. Bei einem Kurs von 500 USD entspricht dies einer Position von rund 200.000 Anteilen. Da nur zwanzig Millionen USD Eigenkapital eingesetzt werden, resultiert ein fünffacher Hebel. Die verbleibenden achtzig Millionen USD werden finanziert, was monatliche Zinslasten von rund vierhunderttausend USD verursacht.
Steigt SPY in dreißig Tagen um zwei Prozent, steigt der Marktwert der Position um zwei Millionen USD. Nach Abzug der Zinsen verbleibt ein Gewinn von etwa 1,6 Millionen USD. Dies entspricht einer Monatsrendite auf das Eigenkapital von acht Prozent. Dieser lineare Gewinncharakter ist klar und für viele Anleger gut nachvollziehbar, da jede Kursänderung des SPY proportional wirkt.
Sinkt SPY jedoch um zehn Prozent, entstehen Verluste von rund zehn Millionen USD. Das Eigenkapital halbiert sich, und der Investor steht unter erheblichem Druck. Portfolio-Margin-Modelle reagieren bei starken Schwankungen sensibel, da sie Stressszenarien berücksichtigen. Ein intraday Rückgang löst schnell höhere Marginanforderungen aus und kann bei mangelnder Liquidität zwangsweise Positionsteile liquidieren. Obwohl der gehebelte ETF-Kauf keine klar definierte Verlustobergrenze hat, bleibt der Verlust dennoch proportional und nicht binär.
Fallstudie 2: Einsatz von Bull Put Spreads mit identischem Kapitalrahmen
Die zweite Variante nutzt einen Bull Put Spread, der aus einem Short Put mit Strike 470 und einem Long Put mit Strike 465 besteht. Der Spread hat eine Breite von fünf Punkten, was den maximalen Verlust pro Kontrakt auf fünf Dollar minus dem erhaltenen Credit begrenzt. Bei realistischen Optionspreisen entsteht ein Credit von rund 1,70 USD. Der maximale Spreadverlust beträgt 3,30 USD oder 330 USD je Kontrakt und ist gleichzeitig die Marginanforderung, da Broker wie IBKR das Risiko exakt mit dieser Spanne bewerten.
Mit einem Kapital von einhundert Millionen USD lassen sich bei konservativer Liquiditätsreserve rund neunzig Millionen USD für Spreadmargen einsetzen. Dies ermöglicht den Aufbau von mehr als zweihunderttausend Spreads. Wenn SPY oberhalb von 470 schließt, werden alle Spreads wertlos, und der Totalgewinn beträgt mehr als sechsundvierzig Millionen USD – ohne zusätzliche Zinskosten.
Dieser Wert entspricht einer theoretischen Monatsrendite von über zweihundert Prozent auf das eingesetzte Eigenkapital. Dies ist nur möglich, weil das Spreadmodell wesentlich weniger Margin pro Einheit bindet als ein gehebelter ETF-Kauf. Allerdings ist die Verteilung der Ergebnisse fundamental verschieden: Bull Put Spreads erzeugen sehr häufig kleine Gewinne, besitzen aber ein einziges Risikoereignis mit enormer Durchschlagskraft.
Unterschiedliche Risikoprofile beider Ansätze
Die lineare Struktur des ETF-Kaufs sorgt dafür, dass Gewinne und Verluste proportional zum Markt verlaufen. Dies macht die Ergebnisse vorhersehbar und transparent. Im Gegenzug wirkt sich jede Marktbewegung unmittelbar auf das Kapital aus, und ein starker Kursrückgang kann schnell existenzbedrohend werden. Dennoch bietet der ETF-Ansatz keine binäre Verluststruktur. Ein Verlust von zehn Millionen USD ist schwer, aber nicht zwangsläufig fatal für ein institutionelles Portfolio.
Demgegenüber ist der Bull Put Spread durch seine Asymmetrie geprägt. Kleinere Gewinne werden mit hoher Wahrscheinlichkeit erzielt, während seltene, aber sehr starke Verluste das gesamte Eigenkapital vernichten können. Der maximale Verlust tritt ein, sobald der SPY unter dem Long Strike des Spreads liegt. Fällt SPY beispielsweise abrupt auf 450 Punkte, wird nahezu die gesamte Spreadbreite realisiert, was zu einem Verlust von rund neunzig Millionen USD führt.
Ein entscheidender Unterschied liegt in der Marginmechanik. Bei ETF-Käufen kann die Margin steigen, wenn die Volatilität zunimmt oder der Kurs fällt. Bei Bull Put Spreads bleibt die Margin jedoch konstant. Dies wirkt zwar stabilisierend, führt aber dazu, dass der maximale Verlust ohne Verzögerung eintreten kann. Während die lineare Position theoretisch reduziert oder abgesichert werden könnte, wenn Marktbedingungen kippen, entfaltet der Spread sein volles Risiko oft schneller, als der Marktteilnehmer reagieren kann.
Illustrative Beispielszenarien
Betrachtet man die positive Seite, so liefert der gehebelte ETF-Kauf moderate, aber stetige Gewinne in einem steigenden Markt. Der Spread liefert in denselben Phasen extrem hohe Gewinne, sofern der Markt ausreichend oberhalb des Short Strikes verbleibt. In ruhigen oder leicht steigenden Märkten zeigt der Spread seine volle Stärke.
Im negativen Szenario wirkt der Spread jedoch wie ein Klumpenrisiko. Ein zehnprozentiger Rückgang des SPY führt bei der ETF-Strategie zu einem proportionalen Verlust von zehn Millionen USD. Beim Spread entsteht der maximale Verlust von neunzig Millionen USD, da die Margin nicht steigt und der Spread schnell in den Verlustbereich gerät. Der Unterschied in der Verlustverteilung ist der Kern des strukturellen Risikos.
In Extremphasen wie Flash Crashes, geopolitischen Schocks oder unerwarteten Volatilitätssprüngen kann die Spreadstrategie daher existenziell gefährlicher sein als ein linear gehebeltes ETF-Exposure. Die Margineffizienz wirkt dann wie ein Verstärker des Gesamtrisikos.
Implikationen für Portfoliomanagement und Risikosteuerung
Strategien mit hoher Trefferquote und niedriger Marginbindung verführen dazu, große Positionsgrößen einzugehen. Der Spreadansatz lässt sich massiv skalieren, da der Broker das Risiko exakt begrenzen kann. Für institutionelle Anleger bedeutet dies hohe Erträge in normalen Marktphasen – jedoch in Kombination mit einem starken Tail-Risiko.
Der gehebelte ETF-Kauf ist trotz seiner Volatilität leichter steuerbar. Positionen lassen sich reduzieren, hedgen oder restrukturieren. Ein Spread hingegen lässt sich ab einem bestimmten Punkt nicht mehr retten. Wird der Short Strike unterschritten, sind Gegenmaßnahmen oft nicht praktikabel, da die Bewegung gegen die gesamte Struktur läuft und der maximal mögliche Verlust sich rasch realisiert.
Gesamtfazit der vergleichenden Betrachtung
Der gehebelte Kauf des SPY erzeugt ein klares, lineares Risiko- und Ertragsprofil. Gewinne entstehen proportional zur Marktbewegung, während Verluste zwar hoch, aber nicht absolut binär sind. Die Spreadstrategie hingegen bietet in normalen Marktphasen beeindruckende monatliche Gewinne, weist jedoch ein extrem konzentriertes Verlustrisiko auf, das in Ausnahmefällen das gesamte Portfolio zerstören kann.
Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal liegt in der Verteilung der Risiken: Der ETF-Hebel bietet langfristig stabilere Strukturen, während der Bull Put Spread kurzfristig effizient erscheint, jedoch bei seltenen, aber heftigen Marktbewegungen sehr gefährlich wird. Anleger müssen daher entscheiden, ob sie eine Strategie mit hoher Trefferquote und seltener Totalverlustgefahr oder eine gleichmäßigere, lineare Risikostruktur bevorzugen.